12 July 2008

Bewegung


So fing es an. Ruhig zog der Wind über die Felsen und durch die Wiesen. Langsam erwachten die Lebewesen und Pflanzen der Umgebung. Das Licht der Sonne und die steigende Temperatur halfen dem Frühling, auf die Welt zu kommen. In nur wenigen Tagen wurde die Farbigkeit der Natur lebendiger und die duftende Luft weckte in den Menschen neue Hoffnung.

Auf einem Hügel stand seit Jahren ein alter Baum, der das Geheimnis der Natur kannte. Es war schon Zeit, um seinen Samen mit dem Wind in die Ferne zu schicken; der Baum wusste, dass die Weitergabe von Leben Pünktlichkeit und Verlässlichkeit erfordert.

Ohne zu wissen, was geschehen würde, schwebte einer der Samen des alten Baumes in der Luft durch Wälder und Täler, des Flüsse und Wiesen bis zur Erde eines fremden Landes. Einsam und ängstlich versteckte er sich dort in der Tiefe und überlegte, was ihm wohl passieren könnte. Ganz stark war in seinen Gedanken die Sehnsucht nach der altvertrauten und bekannten Umgebung. Nach vielen sonnigen und regnerischen Tagen aber fing der Heimweg an, kleiner zu werden. Neugierig begann der Samen, aus diesem veränderten Gefühl neuen Mut zu schöpfen. Als seine Begeisterung so intensiv war, dass er es nicht mehr aushalten konnte, keimte er auf! Die Freiheit des Lebens drang unaufhörlich in die Höhe.

Viele Monate lernte er von den Jahreszeiten und vom Leben. Als die Reife ihn in einen Baum verwandelt hatte, war schon wieder Frühlingszeit, und er bekam an seinen kräftigen Ästen weiße Blüten und hellgrüne Blätter. Zuletzt bildeten sich eigene Samen, die er auch mit dem Wind fliegen lassen wollte.

Heute kann man beobachten, wie die Bäume auf den Hügel im Winde schaukeln. Es scheint so, als wären sie alle alte Freunde, die sich schon seit dem Ursprung des Lebens kennen...


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